Walter Benjamin auf Ibiza

Walter Benjamin war in den 1920er und 1930er Jahren einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller und Philosophen. Geboren wurde er in Berlin, lebte dann in Freiburg, München und Moskau und kam 1932 nach Ibiza, wo er zwei gesamte Sommer vebrachte. Vicente Valero hat darüber ein Buch geschrieben, in dem man das Leben Walter Benjamins und die damalige Zeit auf Ibiza miterleben kann.

Der Erzähler - Walter Benjamin auf Ibiza
Der Erzähler – Walter Benjamin auf Ibiza

Der spanische Autor Vicente Valero wurde 1963 auf Ibiza geboren und hat sich die Ergründung des Lebens von Walter Benjamin auf seiner Heimatinsel zur Herzensaufgabe gemacht. Valero hat sich durch unzählige Aufzeichnungen, Briefe, Tagebücher und Schriften von Walter Benjamin und seinen Weggefährten gearbeitet und dadurch die Zeit von 1932 bis 1933 rekonstruiert und in seinem Buch „Der Erzähler – Walter Benjamin auf Ibiza“ zusammengefasst. Das gut 200 Seiten umfassende Werk ist eine Kombination aus Autobiographie, Erzählung von Situationen und Begegnungen und auch einigen Erklärungen, warum Ibiza auf seine Besucher auch damals schon eine faszinierende Wirkung ausübte.

Walter Benjamin in San Antonio

Walter Benjamin vor seiner Reise nach Ibiza
Walter Benjamin vor seiner Reise nach Ibiza

Als Walter Benjamin im April 1932 die Entscheidung traf nach Ibiza zu reisen, tat er dies, um dort seine Lebenskosten auf das „europäische Existenzminimum“ zu senken, das er auf sechzig bis siebzig Mark pro Monat bezifferte.  Direkt nach seiner Ankunft auf der Insel zog er zu seinem langjährigen Freund Hans Jakob Noeggerath in das kleine und ruhige Dorf San Antonio an der Westküste, wo dieser ein Haus auf dem Felsvorsprung Sa Punta des Moli bewohnte. Von dort aus erkundete Walter Benjamin das Umland, die Natur, das Angebot des Ortes San Antonio und hielt die Erlebnisse in vielen Briefen an seine Freunde fest.

„Die großen Märsche ins Inselinnere ließen mich eine Landschaft voller Spuren einer uralten, aber noch lebendigen Kultur entdecken. Auf Schritt und Tritt war sie präsent als Weg oder Pfad, als Kalk- oder Köhlerofen, als Zisterne, oder als ein durch eine Steinmauer gestütztes Terrassenfeld.“

Anscheinend erinnern sich einige ältere Menschen in San Antonio noch heute an den etwas merkwürdigen Deutschen mit Schnurrbart und runder Brille, der seine Tage damit verbrachte, zu lesen, spazieren zu gehen und in unglaublich winzige Notizbücher zu schreiben.

Das Leben auf Ibiza in den 1930er Jahren

Da das Buch zu großen Teilen im erzählerischen Stil geschrieben ist, kann man in die Welt und das Leben auf Ibiza Anfang der 30er Jahre auch wunderbar eintauchen, wenn man kein Fan von Walter Benjamin ist.

„1931 befanden sich nur wenige Ausländer auf Ibiza. Es waren so wenige, dass die Einheimischen jeden mit Namen kannten und sehr genau wussten, von so sie kamen, in welchen Herbergen oder Privatquartieren sie logierten und eine ungefähre Vorstellung davon hatten, was die Zugereisten zu tun gedachten. Eines der beliebtesten Gesprächsthemen in den Cafes und zu Hause war, wann denn nun eigentlich der erste Fremde auf die Insel gekommen sei.“

Neben dem Aufenthalt in San Antonio verbrachte Walter Benjamin auch einige Zeit in Ibiza Stadt und dort vor allem im Hafenviertel. In der neuen Bar Migjorn traf er sich mit anderen Schriftstellern und Künstlern mit denen er Gedanken austauschte und mit Drogen experimentierte.

„Bald schon wurde das Migjorn, in der Lokalpresse als Teesalon und Amerikanische Bar vorgestellt, zu einem beliebten Treffpunkt, in dem häufig Gäste verschiedenster Nationalitäten an einem Tisch saßen. Die Einweihung war am Montag, den 5. Juni 1933. Die Inselzeitung Diario de Ibiza berichtete ausführlich über das Ereignis, um abschließend dem Besitzer ein gutes Geschäft zu wünschen.“

Am 26. September 1933 verließ Walter Benjamin Ibiza für immer und macht sich auf den Weg nach Frankreich. Durch die nationasozialistische Herrschaft in Deutschland und den Beginn des Krieges wurde die Situation für den Juden Walter Benjamin immer angespannter. Während einer geplanten Flucht über Spanien in die USA nahm er sich im Herbst 1940 das Leben.

Fazit

  • Durch das Buch bekommt man sehr schöne Einblicke in das Leben auf Ibiza in den 1930er Jahren, wie in keinem anderen Werk. Teilweise analysiert der Autor die Werke Walter Benjamins sehr tiefgehend. Diese Abschnitte kann man entweder nutzen, um sich genauer mit dem Schaffen Benjamins auseinander zu setzen, oder sie auch überfliegen, ohne dabei den Zusammenhang zu verlieren.
  • Eine Kurzzusammenfassung und Pressestimmen zum Buch gibt es auf der Seite vom Parthas Verlag, in dem er erschienen ist.
  • Das Buch ist aktuell bei allen großen Buchhandlungen vergriffen, bei Amazon gibt es aber noch einige gebrauchte Exemplare für unter 10,00 Euro.